Ob akut oder vorsorglich für das Alter: Die Nachfrage nach behindertengerechten Wohnungen steigt. Nicht nur Eigentümer, sondern auch Mieter fragen immer häufiger nach barrierefreien Wohnmöglichkeiten, um kostspielige Umbauten im Akutfall zu vermeiden. Doch nicht jede behindertengerechte Wohnung ist tatsächlich auch barrierefrei. Erfahren Sie hier, worauf Sie achten müssen!
Nicht jede Wohnung, die als behindertengerecht inseriert ist, stellt sich bei der Besichtigung auch als barrierefrei heraus. Das Problem ist, dass Begriffe wie „behindertengerecht“, „barrierefrei“ oder „barrierearm“ nicht zwingend rechtlich definiert sind. Vor allem Wohnungen, die als „seniorengerecht“ oder „für das Alter geeignet“ angepriesen wurden, sind nicht derart frei von Stolperfallen wie man meinen sollte.
Ganz konkret ist nur der Begriff „barrierefrei“ näher definiert. In der DIN-Norm 18040 wird definiert, wie Räumlichkeiten aussehen müssen, die als barrierefrei ausgewiesen werden. Doch auch innerhalb der gesetzlich definierten Norm werden Unterschiede gemacht. So unterscheidet die DIN 18040 zwischen
Während die als barrierefrei bezeichneten Wohnungen zwar auf die Bedürfnisse körperlich eingeschränkter Menschen ausgelegt sind, können sie nicht zwingend auch mit einem Rollstuhl genutzt werden. In diesen Wohnungen wird beispielsweise lediglich die erforderliche Türbreite von 80 Zentimetern eingehalten, während für die Rollstuhlnutzung eine Mindestdurchgangsbreite von 90 Zentimetern vorgesehen sind.
Ebenso unterscheiden sich die beiden Wohnungsarten in der erforderlichen Bewegungsfläche. Barrierefrei nutzbare Wohnungen sind auf selbstständig mobile Menschen ausgelegt, die vielleicht lediglich eine Gehhilfe benötigen. Entsprechend werden für die Bewegungsflächen, etwa vor Schränken oder neben Betten, lediglich 120 x 120 Zentimeter vorgesehen. In barrierefreien und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnungen müssen diese Flächen mindestens 150 x 150 Zentimeter groß sein. Weitere Spezifikationen der in der DIN-Norm 18040 definierten Wohnungsarten können Sie folgender Tabelle entnehmen:
Barrierefrei nutzbar: 120 cm x 120 cm
barrierefrei und mit Rollstuhl nutzbar: 150 cm x 150 cm
Barrierefrei nutzbar: 120 cm und 90 cm
barrierefrei und mit Rollstuhl nutzbar: 150 cm und 120 cm
Barrierefrei nutzbar: 80 cm breit und 205 cm hoch
barrierefrei und mit Rollstuhl nutzbar: 90 cm breit und 205 cm hoch, Türspion auf 1,20 cm Höhe
Barrierefrei nutzbar: in Aufenthaltsräumen auf 60 cm Höhe
barrierefrei und mit Rollstuhl nutzbar: Fenstergriff auf einer Höhe zwischen 85 und 105 cm; ggf. mit Fernbedienung zu öffnen
Barrierefrei nutzbar: Abstand zur Wand mind. 20 cm
barrierefrei und mit Rollstuhl nutzbar: 70 cm tief, zwischen 46 und 48 cm hoch. Seitlich je mindestens 90 und 30 cm Platz. Ausgestattet mit Rückenstützen und Stützklappgriffen. Erreichbare Spülung und Toilettenpapierhalter.
Barrierefrei nutzbar: Auch im Sitzen nutzbar, Spiegel mindestens 100 cm hoch. Ausreichender Beinfreiraum unter dem Waschtisch
barrierefrei und mit Rollstuhl nutzbar: Unterfahrbar in mindestens 55 cm tiefem Beinfreiraum. Vorderkante des Waschtisches maximal. 80 cm hoch. Armatur maximal 40 cm vom vorderen Rand des Waschtisches entfernt. Beinfreiraum unter dem Waschtisch mindestens 90 cm breit.
Barrierefrei nutzbar: ebenerdig mit rutschhemmenden Bodenbelägen
barrierefrei und mit Rollstuhl nutzbar: Mit Duschklappsitz versehen oder nachrüstbar. Duscharmatur mit Einhebelmechanik in erreichbarer Nähe.
Barrierefrei nutzbar: Bewegungsfläche vor den Küchenmöbeln mindestens 120 cm. Herd, Spüle und Arbeitsplatte sind übereck angeordnet.
barrierefrei und mit Rollstuhl nutzbar: Bewegungsfläche vor den Küchenmöbeln mindestens 150 cm. Herd, Arbeitsplatte und Spüle sind unterfahrbar.
Bei einer barrierefreien und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnung müssen alle Räume, inklusive Terrasse und Balkon mit dem Rollstuhl befahrbar sein. Im Wohnungsbau gilt, dass nur das Gebäude selbst mit dem Rollstuhl befahrbar sein muss, nicht die einzelne Wohnung an sich. Hierauf sollte bei Inseraten, in denen Wohnung als barrierefrei gekennzeichnet werden, gesondert geachtet werden.
Eine normale, geräumige Wohnung lässt sich relativ unkompliziert barrierefrei umbauen, wenngleich es auch einiges an Arbeit und Zeit in Anspruch nimmt. So können Sie bei ebenerdigen Wohnungen einen stufenlosen Zugang über die Terrasse schaffen, wenn die Tür breit genug und mit einem Schloss versehen ist.
Stellen lediglich einige Stufen die Hürde zur barrierearmen Wohnung dar, können Sie einfach einen Treppenlift installieren lassen. Dieser hilft Ihnen, die Treppe zu überwinden und eignet sich sowohl für leicht eingeschränkte Menschen als auch für Rollstuhlfahrer.
Darüber hinaus lassen sich Bad und WC barrierefrei umbauen. Eine ebenerdige Dusche sowie Stützklappgriffe lassen sich meist problemlos nachrüsten.
Mieter müssen vor dem barrierefreien Umbau die Zustimmung Ihres Vermieters einholen. Grundsätzlich gilt nach §554a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass der Vermieter zustimmen muss, solange seine Interessen oder die Interessen der anderen Mieter nicht überwiegen. Achten Sie deshalb beispielweise darauf, mit einem Treppenlift keine Fluchtwege zu versperren.
Mieter sowie Eigentümer müssen die Kosten des Umbaus selbst tragen. Allerdings besteht die Möglichkeit, die Kosten über Zuschüsse zu reduzieren.
Personen mit einem Pflegegrad können einen Zuschuss von der Pflegekasse für den Einbau eines Treppenlifts oder andere Umbaumaßnahmen erhalten, welche der Barrierefreiheit dienen. Die Pflegekasse gewährt hierfür einen Zuschuss von bis zu 4.000 Euro pro Person.
Darüber hinaus gewährt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Rahmen des Programms „Altersgerecht umbauen“ sowohl Investitionszuschüsse als auch Kredite zu vergünstigten Konditionen.
Inhaber des Pflegegrades 4 können sich halbjährlich kostenlos von einer Pflegefachkraft zu Wohnraumanpassungen oder zur pflegerischen Versorgung beraten lassen. Die Kosten hierfür übernimmt die Pflegekasse. Zusätzlich stehen Ihren Angehörigen kostenlose Pflegekurse zu.
Wohngruppen können den Anspruch auf einen Zuschuss von 4.000 Euro für Wohnraumanpassungen für bis zu vier Personen aufaddieren und so insgesamt 16.000 Euro geltend machen. Ebenso stehen Bewohnern von Wohngruppen oder WGs ein Einrichtungszuschuss von 2.500 Euro pro Person und ein Zuschuss von 214 Euro monatlich für die Beschäftigung einer Organisationskraft zu.